Wiener Würstchen und Kniestrümpfe

Petra Popp ist seit September als gerontopsychiatrische Fachkraft im Pflegeheim „Rhönblick“ tätig. In den vergangenen Wochen hat sie viel mit den Bewohnern gebastelt, so auch den Christbaumschmuck. Hier hängt sie einen Apfel daran.

Der Weihnachtsbaum steht schon. Draußen auf der Terrasse, damit er nicht so schnell nadelt. Äpfel und Zapfen baumeln daran. Auch Sterne aus Papier, eingeschweißt in Folie, damit sie im Freien nicht aufweichen. Petra Popp hängt soeben noch einen Roten an. Dann holt sie die vorbereiteten Geschenkpäckchen und stellt sie unter den Baum. Zur Deko. „Den Christbaumschmuck haben wir selbst gebastelt“, erzählt die 60-Jährige. Auch die Dekorationen im Haus. Das Pflegeheim Rhönblick ist entsprechend weihnachtlich herausgeputzt.
Wochenlang hatte die gerontopsychiatrische Fachkraft einen Besprechungsraum belagert, ihn in eine Weihnachtswerkstatt verwandelt. „Schließlich geht das Basteln mit unseren Bewohnern nicht so schnell“, erklärt sie. Die meisten sind an Demenz erkrankt, können manche Arbeitsgänge nur noch schwer oder gar nicht erledigen. Dann sind Alternativen gefragt. „Die Sterne am Fenster haben wir gefaltet und nicht ausgeschnitten“, erklärt sie. Und so mancher Zapfen hängt halt andersherum am Baum. Aber das ist nicht wichtig. Das Fest und die Vorbereitungen darauf aber schon. Vor allem bei den 36 Senioren, die im Burkardrother Pflegeheim leben. „Sie haben zwar vergessen, mit wem sie jahrzehntelang verheiratet waren, aber Weihnachten nicht“, weiß Petra Popp.

Erinnerungen an früher

Weshalb, darüber kann die Altenpflegerin nur spekulieren. Denn erklären können es die Bewohner ihr nicht mehr. Die meisten stammen aus der Region, wurden christlich erzogen. Hinzu kommen die Erinnerungen an die Kindheit und auch die damit verbundenen Emotionen. Viele erzählen dann von früher, beispielsweise wie die Mutter Plätzchen gebacken hat. Entsprechend groß war die Freude bei den Bewohnern, als sie vor Kurzem selbst welche gebacken haben. Beeindruckend findet die Altenpflegerin auch, dass die ihr Anvertrauten trotz ihrer Demenz sämtliche Weihnachtslieder auswendig singen können. „Den Text dazu brauche meistens ich“, fügt sie mit einem Schmunzeln hinzu.


Besonders wichtig ist den Senioren der christliche Aspekt des Festes, die Geburt Jesu. Das haben die Pflegerin und ihre Kollegen bei den zahlreichen Gesprächen herausgefunden. Deshalb hat sie beim Burkardrother Pfarrer Stephan Hartmann angefragt, ob er am Heiligen Abend nicht einen Gottesdienst im „Rhönblick“ zelebrieren kann. Der Geistliche sagte zu. Um 10.30 Uhr wird die Andacht stattfinden. Auch Petra Popp ist dabei. Denn die Altenpflegerin wird eine Schicht am Heiligen Abend im Pflegeheim verbringen, ebenso am zweiten Weihnachtsfeiertag. Probleme, dass sie an den Festtagen arbeiten muss, hat sie, wie die Mehrheit ihrer Kollegen, nicht: „Ich bin es gewohnt, denn ich bin schon 20 Jahre in der Pflege tätig.“
Obwohl Weihnachten ist, wird sich am Tagesablauf in dem Burkardrother Pflegeheim nicht viel ändern. „Zuviel Trubel tut den Bewohnern nicht gut“, weiß die Altenpflegerin. Sie brauchen einerseits ihren gewohnten Rhythmus. Deshalb wurde die kleine Weihnachtsfeier auch schon letzte Woche veranstaltet, ganz gemütlich bei Kaffee und Kuchen. „Und die Familie Brehm aus Burkardroth war da und hat mit uns gesungen.“

Etwas festlicher darf’s sein

Andererseits darf der Tagesablauf für den einen oder anderen schon etwas festlicher sein. Schließlich seien die Senioren in einfachen Verhältnissen aufgewachsen und das Weihnachtsfest deshalb etwas ganz Besonderes für sie. „Die Frauen wissen beispielsweise, dass dann immer etwas Gutes auf den Tisch kommt“, schildert Popp. Der Blick auf den Speiseplan bestätigt das. Am Heiligen Abend gibt es für die Bewohner ganz klassisch Kartoffelsalat mit Wiener Würstchen zum Abendessen, dafür am nächsten Tag Sauerbraten.


Weihnachtsgeschenke hingegen sind bei den Bewohnern weniger gefragt. „Wir sind doch alte Leute, wir brauchen nichts, haben etliche gesagt“, erzählt die Altenpflegerin. Nur eine Frau habe gemeint, sie bräuchte mal ein Paar Kniestrümpfe, damit die Beine warm bleiben. „Also habe ich sie ihr mitgebracht“, so Popp. Dennoch weiß sie, dass alle Bewohner einen ganz großen Wunsch haben, besonders an Weihnachten: „Die Leute warten auf ihre Angehörige, wollen, dass die sich Zeit nehmen.“

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© Redaktion & Fotos : von KATHRIN KUPKA-HAHN

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